Samstag, 11. April 2009

Die Frage der Verteilung (und die Steuerlast)

Es gibt zum Glück Ökonomen, die den Kern der gegenwärtigen Krise erkennen, wie z.B. Jean-Paul Fitoussi, der von Thomas Fricke in dessen FTD-Blog »Wirtschaftswunder« interviewt wird. Sehr lesenswert! Fitoussi äußert sich in dem Interview »Jean-Paul Fitoussi zur Finanzkrise« u.a. so:
»Der Kern des Problems liegt darin, dass weltweit zu viel gespart worden ist, nicht zu wenig. Und dieses Problem ist dadurch entstanden, dass es über zweieinhalb Jahrzehnte eine Umverteilung der Einkommen von unten nach oben gab. Damit haben jene plötzlich viel mehr Geld gehabt, die angesichts der Höhe ihres Einkommens ohnehin nur einen relativ kleinen Teil ihres Geldes ausgeben und einen hohen Teil sparen.«
Überhaupt nicht lesenswert sind hingegen die dümmlichen Titel zu den – nicht besonders ausgegorenen – Plänen der SPD, die Steuern im mittleren bis oberen Einkommensbereich anzuheben, z.B.
»SPD plant Wahlkampf gegen Reiche« (Zeit)
oder
»SPD macht Wahlkampf gegen ›Reiche‹« (Handelsblatt).
Man muß sich vor Augen führen, daß es erstens nicht um Kapitaleinkommen geht, denn diese sind mit der sog. »Abgeltungssteuer« niedrig besteuert. Das allein macht deutlich, daß es – leider! – gar nicht um die Reichen geht. Und zweitens liegt der von der SPD ins Gespräch gebrachte (was ohnehin nicht viel über den tatsächlichen Umsetzungswillen aussagt) Steuersatz niedriger als der zu Zeiten der CDU/FDP-Regierung unter Helmut Kohl.
Hingegen muß ich in die Liste der kritischen Stimmen (vgl. letzter Blog-Eintrag) noch das FAZ-Feuilleton aufnehmen. Dort wurde jüngst ein Artikel über den Ordoliberalismus deutscher Schule bzw. dessen Vertreter Alfred Müller-Armack unter dem Titel »Soziale Marktwirtschaft – Ökonomie als Instrument, nicht als Selbstzweck« veröffentlicht, der von mir ebenfalls das Prädikat sehr lesenswert erhält. Insbesondere die Verteidigung von gesetzlichem Mindestlohn und Vermögensumverteilung durch Besteuerung finden meine ungeteilte Zustimmung.
P.S.:
Zur Abgeltungssteuer muß ich zugeben, daß die Kapitaleigner infolge der Streichung des Halbeinkünfteverfahrens zusätzlich die Körperschaftssteuer tragen (soweit sie dies nicht durch Lohn- und Preisgestaltung auf Arbeiter und Kunden abwälzen können). Mit der Einführung der Abgeltungssteuer wurde allerdings auch diese gesenkt.
P.P.S.:
Immerhin kommt in der »Zeit« nun Harald Schumann (Autor des Buches »Die Globalisierungsfalle«) zu Wort, der im Artikel »SPD-Steuerpolitik – Heuchelei als Prinzip« einige wichtige Punkte benennt.

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