Zur Lektüre empfohlen: ein aufschlußreicher Artikel von Olaf Storbeck im Handelsblatt über die ideologische Verblendung vieler Volkswirtschaftler:
Freitag, 1. Oktober 2010
Sonntag, 11. April 2010
Raum für neue Ideen
Äußerst begrüßenswert ist eine Initiative des bekannten Finanzspekulanten George Soros: Das »Institute for New Economic Thinking«.
Das Institute dient der Ermöglichung ökonomischer Forschung abseits des gängigen ökonomischen Paradigmas. Vgl. auch folgenden Artikel im Handelsblatt: »Millionen-Angriff auf etablierte VWL«
Die Internetseite des Instituts ist leider etwas schwerfällig. Es gibt aber bei YouTube einen Kanal des Instituts (»INETeconomics«), auf dem man die Videos, in denen die Mission des Instituts in verschiedenen Interviews anschaulich beschrieben wird, direkt ansehen kann.
(Update: Die Internetseite des INET wurde deutlich verbessert, es gibt dort u.a. eine Liste der verfügbaren Videos. [Leider funktioniert ClickToFlash {eine Safari-Erweiterung} auf der INET-Seite nicht.])
Nachtrag 1:
Dazu auch: Handelsblatt: »Millionen-Angriff auf etablierte Ökonomie« (über die Eröffnungskonferenz des Instituts in Cambridge [UK]).
Nachtrag 2:
Während einige der als Video teilweise veröffentlichten Beiträge auf der Eröffnungstagung meine geringen Erwartungen an die ökonomische Wissenschaft eher bestätigen, ist der mit Abstand beste, wirklich sehenswerte Beitrag bisher der Beitrag von George Soros selbst. Interessant ist aber auch der Beitrag von Richard Koo.
Nachtrag 3:
OK, ein sehr schöner – und ziemlich lustiger – Beitrag ist der von Joseph Stiglitz, in welchem dieser über viele Annahmen in Modellen der h.L. in der VWL herzieht, u.a. über die des „representative agent“ und (in Ansätzen) über die gängige Modellierung des Arbeitsmarktes.
Nachtrag 5:
Die Beiträge werden offenbar nach und nach eingestellt. Ein ganz wunderbarer Beitrag ist der von Robert Skidelsky.
Nachtrag 4:
Ein ganz schlimmer – sicher der schlimmste – Beitrag ist der des Deutschen Harald Uhlig, der sich nicht entblödet, eine abstrakte Grafik (wahrscheinlich aus dem Internet kopiert), die an einige Kompositionen Mondrians angelehnt ist, als eine zulässige Abstraktion eines Baumes darzustellen. Zitat (5:55m): “Economic Models are not meant to be realistic. It would be wrong if they were realistic. They are not attractive if they are realistic.” Wer solche Ökonomen hat, braucht keine Künstler mehr. Uhlig schafft es, in einem Vortrag nicht nur das Konzept der Abstraktion falsch zu verstehen (für einen Ökonomen nicht ganz ungewöhnlich), sondern auch noch das Konzept der Falsifikation von Annahmen. Zitat (6:55m): “If you have a theory you can’t reject, it’s probably not a good theory. […] You want theories that are easy to reject, that are obviously false, in the way that the Mondrian picture is an obviously false picture of a tree.” Und ich dachte, schlimmer als Friedmans F-Twist geht nicht. Prädikat: unterirdisch.
Dienstag, 2. Februar 2010
»Ignoble Prize for Economics«
»He propagated the delusion, through his misunderstanding of the scientific method, that an economy can be accurately modeled using counterfactual propositions about its nature. This, together with his simplistic model of money, encouraged the development of the financial theories with unrealistic assumptions that facilitated the GFC. In short, he opened the door for everyone subsequently to theorize without fear of having to be attached to reality.«
OK, die extrem dämliche Namensänderung in »Dynamite Prize« vermiest einem natürlich zu 94,1% den Spaß. Trotzdem tapfer wählen gehen!
Vielleicht aber hätten sich die Organisatoren den folgenden (sehr lustigen) Werbespot zu Herzen nehmen sollen: »Get some balls!« (Paßt eigentlich nicht so ganz wirklich, aber der Clip ist so geil.)
Dienstag, 26. Mai 2009
Die Logik des Professor Sinn
»Sinn verletzte damit in der Debatte um die deutsche Basar-Ökonomie zunächst das Gebot äußerer Konsistenz der Argumentation mit den Fakten, danach das Gebot innerer Konsistenz, als er seine Argumentation anpaßte. Das Gros der Wirtschaftsjournalisten ignorierte dies.«
Kritik, die eine Bestätigung ist
»Diese Einschätzung basiert nicht zuletzt darauf, dass zwei der wesentlichen Kritikpunkte am heutigen Stand der Wirtschaftswissenschaften nicht zutreffen: erstens die Kritik am Bild des Homo Oeconomicus als rational handelndem Wesen, und zweitens die des vollständigen Marktes. Beide sind zweifellos zentrale Bestandteile des Modellbaukastens der neoklassischen Ökonomik und beide sind nicht sonderlich realitätsnah. Natürlich ist ein Modell nicht[s] anderes als eine mitunter stark vereinfachende Abbildung der Realität. Der einzige Anspruch, dem ein Modell gerecht werden muss, ist, ex ante bessere Zukunftseinschätzungen zu liefern als andere Ansätze.«
»Legt man dagegen den Maßstab der ex ante Prognosegüte zugrunde, so ist der Fehler der ökonomischen Modellwelten an zwei anderen Stellen zu suchen: zum einen an dem in beiden großen Denkschulen verwendeten Ansatz des repräsentativen Konsumenten bzw. Unternehmens; zum anderen in der wesentlichen Vernachlässigung des Faktors Zeit. Beides hat zur Folge, dass die zyklische Dynamik einer Volkswirtschaft nur durch äußere Einflüsse aber nicht systemimmanent dargestellt wird.«
Montag, 6. April 2009
The Frontier of Nonsense
»Die Anschauung, daß wir die Funktion gesamten Nachfrage ohne weiteres übersehen können, bildete die Basis der Wirtschaftslehre von Ricardo, die dem, was man uns über ein Jahrhundert lang gelehrt hat, zugrunde liegt. Malthus hat zwar Ricardos Doktrin, daß die wirksame Nachfrage unmöglich unzureichend sein könne, heftig bekämpft, aber umsonst. Weil nämlich Malthus nicht deutlich erklären konnte (von einer Berufung auf allgemeine Erfahrungstatsachen abgesehen), wie und warum die wirksame Nachfrage unzureichend oder übermäßig sein könne, mißlang ihm die Bereitstellung eines alternativen Aufbaus, und Ricardo hat England so vollständig erobert wie die Heilige Inquisition Spanien. Nicht nur wurde seine Theorie von der City, von Staatsmännern und von der akademischen Welt angenommen, sondern der wissenschaftliche Streit nahm ein Ende; der andere Standpunkt verschwand vollkommen; man hörte auf, ihn zu erörtern. Das große Rätsel der wirksamen Nachfrage, mit dem Malthus gerungen hatte, verschwand aus der wirtschaftlichen Literatur. Man wird sie [sic!] in den gesamten Werken von Marshall, Edgeworth und Prof. Pigou, die der klassischen Theorie ihre reifste Verkörperung gaben, auch nicht ein einziges Mal nur erwähnt finden. Sie konnten nur verstohlen unter der Oberfläche weiterleben, in den Unterwelten von Karl Marx, Silvio Gesell oder Major Douglas.« — Keynes, Allgemeine Theorie, 9. A. 2002, S. 27 f.Das wirft ein bezeichnendes Licht auf die Verhältnisse in der VWL, sowohl was die Modellbildung, als auch was die Streitkultur betrifft.
»[…] lieber die Wahrheit unklar und unvollständig zu sehen, als Irrtum aufrechtzuerhalten, der zwar mit Klarheit, Konsequenz und billiger Logik erreicht wurde, aber doch auf Grund von Hypothesen, die den Tatsachen nicht angepaßt [sind].« – Keynes, a.a.O., S. 313