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Mittwoch, 6. Juli 2011

Fortschritt (1)

In einem Interview mit der Zeit fordert der Wirtschaftswissenschaftler Giacomo Corneo einen Spitzensteuersatz von 66% und eine Mindestbesteuerung in Europa:

„Die Reichen kommen zu leicht davon“ (Zeit Online)

Montag, 20. Dezember 2010

Zur Staatsverschuldung pro Kopf

Alljährlich veröffentlicht das Statistische Bundesamt den Stand der Verschuldung der öffentlichen Haushalte. Dabei wird auch die Schuldenlast pro Einwohner berechnet. Hier die Presseerklärung vom 20.12.2010.

Die deutsche Presse macht aus einer solchen Rechnung – in bemerkenswertem Gleichklang – gerne Titelzeilen wie:

»Jeder [Deutsche] hat 22.000 Euro Schulden«.

Diese Behauptung ist allerdings falsch oder zumindest irreführend.

Warum? Hierzu muß man sich das Wesen von »Schulden« in Erinnerung rufen. Schulden sind Schuldverhältnisse, d.h. eine Person (Schuldner) schuldet einer anderen Person (Gläubiger) eine Leistung. Diese Leistung nennt man aus Sicht des Gläubigers »Forderung« und aus Sicht des Schuldners »Verbindlichkeit«. Forderungen und Verbindlichkeiten entsprechen sich, ihre Summe ergibt Null. Schulden sich zwei Personen untereinander Geld, so sind sie als Kollektiv betrachtet nicht verschuldet.

Im Falle von Staatsschulden ist der Schuldner eine öffentliche Körperschaft, die man also durchaus im Wege der Verallgemeinerung der deutschen Bevölkerung anteilig zurechnen kann.

Es gibt aber auch einen Gläubiger.

Die Gläubiger der deutschen öffentlichen Gewalt sind i.d.R. ebenfalls Deutsche. Damit ist die Aussage »jeder Deutsche ist mit 22.000 Euro verschuldet« auch im Wege der Verallgemeinerung falsch, denn eine Person, die sich selbst Geld schuldet, ist nicht verschuldet. Geht man davon aus, daß die deutsche öffentliche Gewalt keine Auslandsschulden hat, entsprechen sich die Verbindlichkeiten der öffentlichen Haushalte und die Forderungen deutscher Staatsbürger an diese öffentlichen Haushalte. Damit käme man im Wege der Verallgemeinerung auf die Aussage: Jeder Deutsche hat durchschnittlich 22.000 Euro Schulden und 22.000 Euro Forderungen, er hat im Durchschnitt (!) keine Schulden.

Natürlich sind die meisten Deutschen keine Gläubiger des deutschen Staates. Damit sind sie in der Tat in einem gewissen Sinne vermittelt über die öffentliche Hand verschuldet, und zwar bei denjenigen ihrer Mitbürger, die über Forderungen gegen die öffentliche Hand verfügen.

Was soll uns diese Argumentation sagen? Ist sie eine Rechtfertigung der Staatsverschuldung? Nein, das ist sie nicht. Sie ist ein Plädoyer dafür, das Wesen der Staatsverschuldung nicht durch irreführenden Pressemeldungen zu vernebeln, und soll dazu beitragen, die Problematik zu verstehen.

Die Staatsverschuldung ist vor allem eines: Ein Verteilungsproblem.

Montag, 13. Dezember 2010

You Just Have to Watch This!

U.S. senator Bernie Sanders’ speech on the extension of the Bush tax breaks for the rich:

View on YouTube

Donnerstag, 11. Februar 2010

Europäische Wirtschaftspolitik vs. deutsches Beggar-Thy-Neighbour?

Offenbar wird von der Seite der Europäischen Union endlich die Problematik der deutschen Lohnsenkungs- und Exportforcierungspolitik behandelt. Siehe diese Meldung im Handelsblatt über Äußerungen des Präsidenten des Europäischen Rates Herman Van Rompuy.

Vgl. zur Problematik auch dieses Streitgespräch im SWR: »Stresstest für den Euro«, u.a. mit Heiner Flassbeck und Jürgen Stark.

Montag, 25. Januar 2010

Finanzkrise, Einkommensverteilung und Steuerpolitik

Bereits im Juli 2009 erschienen, doch in der deutschen Medienlandschaft wenig beachtet, ist ein Diskussionspapier von Jean-Paul Fitoussi und Joseph Stiglitz unter dem Namen »The Ways Out of the Crisis and the Building of a More Cohesive World« über die Ursachen der gegenwärtien Finanz- und Wirtschaftskrise. Zitat:
»The crisis has structural roots. The aggregate demand deficiency preceded the financial crisis and was due to structural changes in income distribution. Since 1980, in most advanced countries the median wage has stagnated and inequalities have surged in favour of high incomes. […]
As the propensity to consume out of low incomes is generally larger, this long-term trend in income redistribution by itself would have had the macroeconomic effect of depressing aggregate demand.
In the US the compression of low incomes was compensated by the reduction of household savings and by mounting indebtedness that allowed spending patterns to be kept virtually unchanged. At the same time, the limited safety nets forced the government to pursue active macroeconomic policies to fight unemployment, increasing government debt as well. Thus, growth was maintained at the price of increasing public and private indebtedness.
Most European countries tread a different path. The redistribution to higher incomes resulted in an increase in national savings and depressed growth. In the past fifteen years the institutional setting, notably the deficit constraints embedded in the Maastricht criteria and in the Stability and Growth Pact, resulted in low reactivity of fiscal policies and restrictive monetary policy. Together with a financial sector less prone to innovation, this limited consumer borrowing. The shift in distribution resulted in soft growth.«
Und:
»To reverse the trend in distribution, and hence to contribute to sustaining aggregate demand in the medium-to-long term, it is proposed as follows.
1- To increase the progressivity of the tax system, in particular for high and very high incomes. This should happen in a coordinated way to avoid excessive movement of highly-skilled workers.
2- Fight against tax heavens – in distinguishing between low tax cooperative jurisdictions and others – and, in general, increase the resources devoted to fighting tax evasion and lack of information sharing.
3- Introduce some sort of cooperation among countries to avoid tax competition, wage deflation and social dumping, the modern versions of beggar-thy-neighbour policies which were common in the 1930s. […]«
Dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen. Prädikat: Must read!

Freitag, 3. April 2009

„Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt.“

Immer wieder wird das Argument zu Felde geführt, „wir“ hätten „über unsere Verhältnisse gelebt“. Zuletzt verwendet Bundespräsident Horst Köhler dieses Argument in seiner „Berliner Rede“ vom 24. März 2009:
Jetzt führt uns die Krise vor Augen: Wir haben alle über unsere Verhältnisse gelebt.
Eine schöne Replik hierauf schrieb Carl-L. Holtfrerich am 31. März im FTD-Blog „Wirtschaftswunder“ unter dem Titel „Mit Verlaub, Herr Präsident: Wer ist ‚Wir‘?“. Darin verweist Holtfrerich zurecht auf die Tatsache, daß die Lohnentwicklung in Deutschland seit Jahren weit unter der Produktivitätsentwicklung liegt und daß Deutschland einen gigantischen Außenhandelsüberschuß erwirtschaftet.
Dabei äußert sich Holtfrerich auch zur Staatsverschuldung:
Für „Wir alle“ blieb dem Bundespräsidenten nur ein einziger Anknüpfungspunkt: die gestiegene Staatsverschuldung, für die alle Steuerzahler den Schuldendienst aufbringen müssen. Aber ein Anstieg der Staatsverschuldung bedeutet nur dann, dass die Bevölkerung heute über ihre Verhältnisse und zu Lasten zukünftiger Generationen lebt, wenn daraus nicht Investitionen in die Zukunft finanziert werden.
Damit allerdings geht Holtfrerich fehl. Selbst die Verschuldung zum Zwecke des Konsums führt für sich allein betrachtet nicht dazu, daß eine Gesellschaft „über die eigenen Verhältnisse“ lebt.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenig in der Ökonomie das Wesen des Kredits (also das Wesen von Schulden) beachtet (oder verstanden?) wird. Ein Kreditvertrag enthält ein Schuldversprechen. D.h. eine Person (die Schulderin) verspricht einer anderen Person (der Gläubigerin), in der Zukunft etwas zu leisten. Befinden sich sowohl Gläubigerin als auch Schuldnerin innerhalb einer Gruppe, so ist diese Gruppe als ganzes überhaupt nicht verschuldet. Es bestehen lediglich innerhalb der Gruppe Ansprüche und Verbindlichkeiten einzelner Personen.
So ist das auch mit Generationen, d.h. den innerhalb einer Zeitspanne lebenden Personen. Schulden werden vererbt – und ebenso die dazu gehörigen Forderungen. D.h. die Staatsverschuldung ist ein Verteilungsproblem innerhalb einer Generation und kein Verteilungsproblem zwischen den Generationen.